Historie - Gaumenschmaus und Lichtspiele

Seit über 100 Jahren verwöhnt das Gasthaus „Schöne Aussicht“ seine Besucher / Gebäude war nicht nur Gasthaus, sondern auch Molkerei, Bierlager und Kino

100 Jahre Tradition

Gerade beim Gasthaus „Schöne Aussicht“ lohnt sich ein Blick in die bewegte Vergangenheit.

Als Jean Hemrich um das Jahr 1900 sein Gasthaus mit Nebengebäude errichten ließ, da war die Neutorstraße, die damals noch Weilstraße hieß, fast unbebaut. Man genoss vom Hause Hemrich aus eine schöne Aussicht hinüber zur gerade angelegten Bahnhofstraße mit dem 1895 erbauten Bahnhof und zur nahen Staatsdomäne Stockheimer Hof.

Dazwischen Wiesen, Bäume und ein paar Kleingärten. So erklärt es sich auch, dass Hemrich seinem Lokal den Namen „Schöne Aussicht“ verpasste. Inzwischen sind viele Jahrzehnte ins Land gegangen und haben rund um das Gasthaus eine dichte Bebauung entstehen lassen. Wenn damit auch die einstigen Ausblicke verloren gingen, das Lokal hielt allen Veränderungen bis heute stand und bietet im Sommer mit seinem eingewachsenen Biergarten, der von prächtigem Blumenschmuck flankiert wird, einen geselligen Treffpunkt im Freien, zu dem sich Menschen verabreden, um gemeinsam Speis und Trank der Traditionsgaststätte zu genießen.

Molkerei

Wirft man einen Blick auf die Historie des Gebäudes, dann erfährt man auch, dass Jean Hemrich neben der Gaststätte in einem angrenzenden Nebengebäude einst die erste Usinger Molkerei untergebracht hatte. Nachdem in der Nähe des Bahnhofes eine neue Molkerei errichtet war, mietete für einige Jahre der Bierverleger Michael Schleich bei Hemrich die Nebengebäude an und richtete dort ein Bierlager der Frankfurter Binding-Brauerei ein. Im Jahre 1925 entschied sich der Gastwirt, in einem kleinen Saal neben der Gaststube ein kleines Kino einzurichten. Wer in alten Bänden unserer Heimatzeitung blättert, der findet regelmäßige Werbeanzeigen, die über die damals gezeigten Filme Auskunft geben.

Ergänzt wurde das gastronomische Angebot schließlich noch mit einer großen Kegelbahn, die fortan viele Gruppen aus der Stadt zur regelmäßigen Zusammenkunft nutzten. Überhaupt stand in diesen Jahrzehnten das gesellige Zusammentreffen und gemeinsame Feiern im Mittelpunkt der Menschen. Im Usinger Anzeiger warben Vereine für Oster- oder Weihnachtstänze, zu denen sie in die „Schöne Aussicht“ einluden. Regelmäßige Maskenbälle sorgten im Saal des Lokals für dichtes Gedränge und Stimmung bis weit in die Morgenstunden hinein.

Nach dem Tod der Betreiberfamilie Hemrich ging das Anwesen in den Besitz des Neffen Erich Häuser über. Er führte den Gaststättenbetrieb der „Schönen Aussicht“ für einige Jahre weiter, verpachtete dann aber im Jahre 1954 das Lokal an die Eheleute Walter und Charlotte Elsner.

Metzger und Gastwirt

Das Ehepaar Elsner stammte aus Schlesien und war infolge des Zweiten Weltkrieges 1946 in den Taunus gekommen. Walter Elsner hatte bereits in der Nähe von Breslau ein Gasthaus betrieben und das Handwerk des Metzgers erlernt. Das berufliche Knowhow des Gastwirts und die tatkräftige Unterstützung seiner Gattin verliehen der „Schönen Aussicht“ in den Wirtschaftswunderjahren neuen Schwung. Als passionierter Jäger ergänzte er die Speisekarte während der Jagdsaison mit frischem Wildbret. Nach zehn Jahren als Pächterehepaar erwarben Walter und Charlotte Elsner 1964 das Gasthaus und führten eine umfangreiche Renovierung durch.

Unterstützung bekamen die Eheleute von ihrem Sohn Günter, der ebenfalls den Beruf des Metzgers erlernt hatte und regelmäßig in der Küche der „Schönen Aussicht“ am Herd stand. Schließlich übergaben Walter und Charlotte Elsner 1973 den Betrieb an ihren Sohn und die Schwiegertochter Renate. Für die nächsten 37 Jahre stand Lokal und Pension der „Schönen Aussicht“ in ihrer Verantwortung, bis 2010 Enkelsohn Patrick Kleinhenz den Familienbetrieb in die nächste Generation führte.